Die Grenzsteine
Für die Zuordnung der in der Ausführung vielfach unterschiedlichen Grenzsteine war es ausschlaggebend, dass ein Stein gefunden werden konnte, der neben der Kennzeichnung „G Ө“ (für Gemarkung Würben 6) eine eingeschlagene „8“ aufwies. Die Position dieses Steins ist identisch mit dem Stein Nummer 8 in der Figurierten Grenzbeschreibung von 1729. Dieser Stein trennt die Gemarkungen Bauerbach und Gochsheim. Er trägt neben der Zahl 8, auf der Gochsheim zugewandten Seite „G Ө“ für Gemarkung Würben und die – offenbar nachgeschlagenen – Zeichen „G G“ für Gemarkung Gochsheim. Auf der gegenüber liegenden Seite sind zwei B B für Bauerbach, die Jahreszahl 1842 sowie unleserliche Kennzeichnungen zu erkennen. Ganz offensichtlich ist der alte Stein von 1729 auf der Bauerbacher Seite 1842 neu gekennzeichnet worden. Scheinbar ist der Grenzstein auch leicht versetzt worden, die auf den Kopf eingeschlagene Richtung der Grenze ist nicht übereinstimmend in Flucht zu den benachbarten Steinen.
Die Kennzeichnung mit den Zeichen „G Ө“ für Gemarkung Würben, zeigt den persönlichen Gebietsanspruch der von Würben, obwohl ihr die Grafschaft Gochsheim nur im Rahmen einer Schenkung (in, wie zu vermuten, morganatischer Art 6,, also ohne Erbanspruch) zugesprochen war. Dies musste das Selbstverständnis der Einwohner Gochsheims schwer getroffen haben und erklärt ein weiteres mal den Spottnamen „das Luder von Gochsheim“ für die Ortsherrin.
Wenn man unterstellt, dass alle Steine, die 1729 bei der Markierung der Grenze der Gemarkung Gochsheim, bzw. von Würben, gleichartig ausgesehen haben (fester Sandstein, gewölbter Kopf und der meist noch lesbaren Inschrift „G Ө“ ), dann lassen sich diese eindeutig von später gesetzten Grenzsteinen unterscheiden, unabhängig von der meist eingeschlagenen Jahreszahl und Hoheitszeichen „Baden“, aber oft unleserlichen Inschrift.
Dieser Grenzstein mit der Nummerierung 42, dem badischen Wappen, den Initialen GG und der Jahreszahl 1843 steht auf der Position des Steines 18 in der Figurierten Grenzbeschreibung. Der Stein von 1729 ist wohl vergangen und durch den gezeigten ersetzt worden. Bauerbach zugewandt steht „G B“ für Gemarkung Bauerbach.
Grenzsteine sind unter den Kleindenkmalen in besonderen Maße vom Verfall und vom Abgang bedroht. Stehen sie doch oft „im Wege“ und haben vermeintlich keinen Nutzen mehr. Moderne Grenzvermessung braucht keine Grenzsteine, GPS und Vermessung mit Theodoliten ermöglichen eine präzise Festlegung und Übertragung auf Karten. Und trotzdem, Kennzeichnung des Grenzverlaufs in der Flur mit sichtbaren Steinen ermöglicht eine augenscheinliche Orientierung.
Unabhängig vom „Nutzen“ von Grenzsteinen, sind sie Denkmale und sollten erhalten und ggf. gepflegt werden. Der auch bei der Begehung der Grenze der Gemarkung Gochsheim festgestellte Verlust und Verwitterung von Jahrhunderte alten Grenzsteinen ist bedauerlich. Die Dokumentation der noch vorhandenen Steine wird dies wahrscheinlich nicht verhindern können, ist aber im Sinne einer augenblicklichen Bestandsaufnahme sinnvoll.
Im Rahmen dieses Projektes werden auch andere Kleindenkmale erfasst, beschrieben und dokumentiert.
Marita und Helmut Will
Anmerkungen
1 Kleindenkmale in Baden-Württemberg, Anleitung zur Erfassung und Dokumentation 2001, völlig überarbeitete Neuauflage 2010, 5. Auflage 2015
2 „Gochsheim Figurirte Graenzbeschreibung anno 1729“, Archiv der Stadt Gochsheim siehe hierzu Beitrag im Mitgliederbrief 1/2015. Die Nummerierung der Grenzsteine erfolgt im Uhrzeigersinn, beginnend mit Stein 1 am „Alten Flehinger Weg“, wo sich die Gemarkungsgrenzen Flehingen/Bauerbach/Gochsheim treffen und endet mit Stein 168 nach Vollendung des Umlaufs.
3 Landkreis Karlsruhe, Gochsheim Kleindenkmale, Maßstab 1 : 17.532, vom 09.06.2015
4 Eine Ausnahme ist jedoch zu bemerken: durch die Zusammenlegung von Sickingen und Flehingen ist der Dreimarker als solcher nicht mehr existent.
5 Stadt Kraichtal, Liegenschaftsamt, Übersichtsplan der GemarkungGochsheim, Maßstab 1:10000, gedruckt 1869, Ergänzungen 1955 (Stadtbahn). Vom Landratsamt wurde uns eine Karte zur Verfügung gestellt (GA_3461_0_UE_001_2009-06-26.png), die inhaltlich identisch ist, aber älter zu sein scheint, wie aus dem Schriftbild zu schließen ist. Auf diesem Übersichtsplan sind etwa 300 Grenzsteine eingetragen. Die Nummerierung ist nicht fortlaufend und hat mehrere Zählanfänge. Auch gibt es Zwischen-Zählungen, wie zum Beispiel 3a zwischen 3 und 4. Grenzsteine haben nun mal die Eigenschaft die Grenze zwischen, wie in diesem Fall zutreffend, zwei Gemarkungen zu kennzeichnen. Daher ist nicht möglich eine fortlaufende Zählung gültig für beide Grenzen zu erreichen.
6 Nachdem Albertine Sophia Esther Herzogin von Württemberg-Neuenstadt 1728 ohne männliche Nachkommen starb, fiel die Grafschaft Gochsheim an den Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg. Danach durch Schenkung an seine Maidresse Christine Wilhelmine Friederike von Gräfenitz – durch spätere Heirat und Ernennungen „Reichsgräfin von Würben und Freudental, regierende Gräfin von Gochsheim“.